Maus
Die Hausmaus (Mus musculus) ist eine zu den Altweltmäusen (Murinae) gezählte kleine Art der Langschwanzmäuse (Muridae) und als solche ein Nagetier. Sie kommt in fast allen Ländern vor und lebt oft mit dem Menschen zusammen. Dabei ernährt sie sich gern von unzureichend geschützten Lebensmitteln.
Zuchtlinien der Hausmaus werden als Labormaus seit Jahrzehnten für Tierversuche gehalten.
Äußere Merkmale
Die Hausmaus erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von 7 bis 11 cm, eine Schwanzlänge von 7 bis 10 cm und ein Gewicht von ca. 20 - 25 g; die in Labors gehaltenen weißen Mäuse und die sog. Farbmäuse können wesentlich schwerer werden, 45 - 60 Gramm sind keine Seltenheit. Die oberen Nagezähne sind etwas eingekerbt. Der Körper ist oberseits mausgrau bis braungrau, die Unterseite ist etwas heller. Der Schwanz ist mit deutlich sichtbaren Schuppenringen versehen und spärlich behaart. Ausgewachsene Hausmäuse lassen sich von den ähnlich aussehenden Wühlmäusen relativ leicht unterscheiden: Bei Wühlmäusen ist der Schwanz stets deutlich kürzer als die Hälfte ihres Rumpfes (Nase bis Schwanzansatz), bei Hausmäusen ist er stets deutlich länger als die Hälfte des Rumpfes.
Eine Hausmaus ( Mus musculus)
Verbreitung
Die Hausmaus ist eine äußerst erfolgreiche Spezies. So konnte sie sich als Kulturfolger mit der zumeist unfreiwilligen Hilfe des Menschen auf der ganzen Erde verbreiten. Wenn sie nicht in der Nähe des Menschen lebt, bewohnt sie vor allem Steppen, Wüstengebiete und Kulturland. Dort gräbt sie Gänge und baut Nester, in denen sie ihre Vorräte lagert. In Deutschland kommt sie in zwei Unterarten vor, die seit ungefähr 5000 Jahren getrennt voneinander sind: der westlichen (Mus musculus domesticus) sowie der östlichen (Mus musculus musculus). Beide Unterarten bilden in einer schmalen Kontaktzone im Osten Schleswig-Holsteins Hybrid-Populationen. Die in Labors gehaltenen weißen Mäuse stammen ausnahmslos von der westlichen Unterart ab.
Hausmäuse gelten als eine Art, die in Mitteleuropa nicht ursprünglich heimisch war, sondern die sich erst durch den Menschen hier ausbreitete. Ihre Ausbreitung liegt jedoch so lange zurück, dass sie als Archäozoon gilt.
Verhalten
Die Hausmaus hält keinen Winterschlaf, sie kann jedoch bei Frost und Futterknappheit in einen Erstarrungszustand fallen. Die in der Nähe des Menschen lebende Hausmaus betreibt, besonders wenn sie sich dort leicht und regelmäßig Nahrung beschaffen kann, eine nicht so ausgiebige Vorratshaltung. Die Hausmaus ist in der Nähe des Menschen meist nachtaktiv. Nur wenn sie sich sehr sicher fühlt, verlässt sie auch tagsüber ihr Versteck.
Hausmäuse sind neben den Ratten hinsichtlich ihres Sozialverhaltens (speziell des Eintrageverhaltens) und ihres Erbgeschehens die am besten untersuchten Säugetiere. Sie verständigen sich untereinander einerseits durch geruchliche Merkmale (siehe Olfaktorische Kommunikation bei Hausmäusen), andererseits durch Ultraschall-Laute. Besonders bei Nestlingen kann man das leise Knacken der Stimmlippen deutlich hören, wenn sie (für Menschen unhörbare) Ultraschall-Laute produzieren. Neuesten Studien zufolge wird die Kommunikation über Ultraschall auch in der Balz eingesetzt. Dabei "singen" die Männchen individuelle, immer wiederkehrende Melodiethemen, die eine ähnliche Qualität wie die junger Singvögel haben.
Freilebende Hausmäuse bewegen sich im ihnen bekannten Gelände auf festen, durch den Geruch gekennzeichneten Bahnen, die man im Freiland auf Rasen gelegentlich als regelrechte Trampelpfade wahrnehmen kann. Anders als in vielen Erzählungen behauptet, kann man Hausmäuse relativ schlecht mit Käse anlocken, wohl aber sehr gut mit stark aromatisierten Süßigkeiten wie etwa Pfefferminz-Schokolade.
Die Haltung von Wildfängen der Hausmaus in Käfigen erweist sich in der Regel als schwierig, da die Tiere mangels genügendem Auslauf zu Verhaltensstereotypien bis hin zur Selbstbeschädigung und zum Infantizid neigen. Eine auch nur annähernd artgerechte Haltung ist im Privatbesitz nahezu unmöglich und sollte daher gar nicht erst versucht werden.
junge Maus bei dem erstem Ausflug
Ernährung
Hausmäuse sind so genannte Allesfresser: Sie verzehren zwar überwiegend pflanzliche Nahrung (zum Beispiel herab gefallene Samen von Gräsern, Nüsse und Wurzeln), nutzen aber beispielsweise auch lebend erbeutete Insekten für ihre Ernährung.
Fortpflanzung
Bei entsprechendem Nahrungsangebot ist die Hausmaus das ganze Jahr über fortpflanzungsfähig. Bis zu acht Würfe mit durchschnittlich drei bis acht Jungen im Jahr sind möglich, aber keineswegs die Regel. Wenn sich aber ihre Nahrungsreserven und das Platzangebot verknappen, also sozialer Stress entsteht, verzögern sich die Eireifung und die Brunst. Diese hormonelle Steuerung schützt letztlich vor einer Überbevölkerung.
Die Jungtiere werden nackt, blind, taub und unpigmentiert geboren und wiegen weniger als 1 g; einzig die festverschlossenen Augen sind bei Wildmäusen bereits dunkel, bei weißen Mäusen hingegen ebenfalls völlig farblos. Um den 10. Lebenstag herum sind die Nestlinge von einem gleichmäßigen Flaum aus kurzen Haaren überzogen, und am 15. oder 16. Tag nach der Geburt öffnen sich die Augen. Ab dem Alter von etwa 21 Tagen können sie von der Mutter abgesetzt werden. Im Alter von 3 Wochen haben sie ein Körpergewicht von etwa 6 g erreicht. Im Alter von 6 Wochen sind sie geschlechtsreif; wirklich zuchtreif sind sie ab der 8. Woche. Die Tragezeit beträgt ca. drei Wochen.
Natürliche Feinde
Zu den natürlichen Feinden der Hausmaus zählen im Haus und in dessen Nahbereich neben dem Menschen vor allem die Hauskatze, im Stall und im Getreidespeicher auch der Steinmarder, die Schleiereule und ganz vereinzelt der Iltis.
In freier Natur zählen Katzen, diverse Raubvögel (darunter auch Eulen), Ringelnattern und Kreuzottern, aber auch Wiesel, Marder, Iltis und Rotfuchs zu ihren natürlichen Feinden.
Hausmäuse und Menschen
Hausmäuse als Heimtiere
Die domestizierte Form der Hausmaus (Farbmaus, „weiße Maus“) wird auch als Heimtier gehalten. Es sollte auf eine ausreichend große Behausung sowie die Möglichkeit zur Kommunikation mit Artgenossen geachtet werden. Einzelhaltung ist keine artgerechte Haltung und sollte vermieden werden. Domestizierte Hausmäuse sind in der freien Wildbahn nicht längerfristig überlebensfähig.
Schadwirkung
Als sehr anpassungsfähiges Tier gilt die freilebende Hausmaus gemeinhin als Nahrungsmittelschädling.
Hausmäuse sind neben anderen kleinen Nagern ebenfalls Reservoirwirte für diverse Borrelienarten (Bakterien), die dann von Vektoren wie z.B. auch schon in Vorgärten vorkommenden Zecken auf Tier und Mensch übertragen werden können.
Einsatz in der Forschung
Die domestizierte Form der Hausmaus, die in verschiedenen Farbvarianten vorkommt, wird als Farbmaus bezeichnet. Im alten China war die Zucht solcher Farbvarianten ein Hobby. Mus musculus stellt einen der wichtigsten Modellorganismen dar. Für Forschungszwecke wurden solche Farbmäuse als Inzuchtstämme mit jeweils unterschiedlichen genotypischen Eigenschaften gezüchtet: So eignet sich der Stamm "NMRI" besonders für verhaltensbiologische Tests (die Abkürzung steht für dessen Herkunft aus dem Naval Medical Research Institute), andere Stämme neigen zu besonders früher Tumor-Bildung und werden daher in der Krebsforschung eingesetzt, und an wieder anderen Stämmen können Medikamente zum Beispiel gegen epileptische Anfälle erprobt werden. Bekannte Stämme sind beispielsweise "C57/BL6", "NOD" und nude Mouse (Die Nacktmaus). Seit den frühen achtziger Jahren wurde es möglich, gezielt Mäuse genetisch so zu verändern, dass neue Gene eingebracht werden (sogenannte transgene Mäuse) oder Gene in der ganzen Maus oder in einzelnen Geweben ausgeschaltet sind (sogenannte knock-out oder konditional-gendefiziente Mäuse). Derartige gentechnisch veränderte Mausstämme werden zur Erforschung der Funktion und Bedeutung von Genen intensiv genutzt. Man schätzt, dass derzeit knock-out Mausstämme für etwa 1/3 aller bekannten Gene generiert wurden. Einer der Pioniere dieser Technik ist der deutsche Immunbiologe Klaus Rajewsky.
Bekämpfung
Schlagfalle mit getöteter Hausmaus
Die meistverbreitete Bekämpfung der Mäuse dürfte wohl neben dem Vergiften mit gebeiztem Getreide, welches zu einem qualvollen Tod führt, das Aufstellen von Fallen sein.
Unterteilung in:
- z.B. Kasten- oder Korbfallen aus Holzbrettchen und Draht
- z.B. Schlagfallen mit einem federgespanntem Hebel
- Siehe auch: Mausefalle
Geschichte der Hausmaus
Die Hausmaus ist heute zwar weltweit verbreitet, scheint aber ursprünglich in Indien heimisch gewesen zu sein. Man kann anhand von Knochenfunden den Weg der Mäuse von Indien westwärts verfolgen. Die Östliche Hausmaus (Mus musculus musculus) kam offenbar von Indien über Zentralasien nach Mittel- und Westeuropa und erreichte Belgien um 4000 v. Chr. Die Westliche Hausmaus (Mus musculus domesticus) gelangte über Westasien in den Mittelmeerraum. 10000 v. Chr. ist sie in Palästina nachgewiesen, 4000 v. Chr. in Griechenland, 1000 v. Chr. in Spanien und um die Zeitenwende auf den Britischen Inseln, wohin sie vermutlich auf römischen Schiffen gelangte. Seither drängte sie die Östliche Hausmaus immer weiter nach Osten ab.
Es besteht wenig Zweifel daran, dass die Ausbreitung der Hausmaus in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Bindung an den Menschen besteht. In jungsteinzeitlichen Ausgrabungsstätten in Anatolien fand man Belege dafür, dass Hausmäuse bereits damals Mitbewohner menschlicher Behausungen waren. Auf Schiffen gelangten sie in den letzten 1000 Jahren nach Afrika, Amerika und Australien.
Ratte
Die echten Ratten (Rattus) bilden eine Gattung in der Unterfamilie der Altweltmäuse (Murinae) innerhalb der Familie der Langschwanzmäuse (Muridae) und gehören somit zu den Nagetieren (Rodentia).
Merkmale
Ratten haben eine spitze Schnauze und eine gespaltene Oberlippe. Sie besitzen nur einen Schneidezahn (oder Nagezahn) und 3 Mahlzähne pro Kieferhälfte, insgesamt also 16 Zähne (siehe auch Zahnformel). Die Schneidezähne sind wurzellos und wachsen lebenslang, müssen also durch Benagen ständig abgerieben werden. Zwischen den Schneide- und den Backenzähnen befindet sich eine große Lücke (Diastema).
Der Magen der Ratte ist in zwei Abteilungen untergliedert: Vormagen und Magenkörper. Der Vormagen besitzt eine drüsenlose (kutane) Schleimhaut, der Magenkörper die gewöhnliche Magenschleimhaut. Beide Abteilungen sind durch eine Schleimhautfalte getrennt. In deren Bereich mündet auch die Speiseröhre in den Magen. Diese Falte macht ein Erbrechen für Ratten nahezu unmöglich. Der Aufschluss schwer verdaulicher Nahrungsbestandteile erfolgt im großen Blinddarm.
Fußabdruck einer Ratte ( Buschratte)
links: Vorderpfote, rechts: Hinterpfote
Die Füße und der lange, mit Schuppenringen versehende Schwanz sind nur spärlich oder gar nicht behaart. An den Hinterfüßen besitzen sie fünf, an den Vorderfüßen jedoch nur vier Zehen, da der Daumen nicht vollständig ausgebildet, sondern nur rudimentär vorhanden ist.
Ratten besitzen keine Schweißdrüsen; die Wärmeabgabe erfolgt vor allem an den haarlosen Stellen wie Schwanz und Ohren. Die Milchdrüse besteht aus vielen Gesäugekomplexen, die vom vorderen Brustbereich bis fast zur Analregion reichen.
Im nasenseitigen Augenwinkel befindet sich die Hardersche Drüse (Nickhaut-Drüse), die ein porphyrinhaltiges, rötliches Sekret produziert. Dieses Sekret wird beim Putzen verteilt. Bei kranken Tieren mit verminderten Putztrieb kommt es zu einer Ansammlung dieses Sekrets im Augenwinkel oder zu einem Abfluss über den Tränenkanal zur Nasenöffnung.
Die schwarze Hausratte ist mit einer Kopf-Rumpflänge von 16–23 cm kleiner als die graubraune (agouti) Wanderratte mit 18–26 cm. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist das Verhältnis von Kopfrumpf- zu Schwanzlänge. Der Schwanz der Hausratten ist stets länger als der Körper und bei Wanderratten ist er meist kürzer, selten genauso lang wie der Rumpf. Auch die Ohrlänge unterscheidet sich arttypisch. So erreicht das in Richtung Nase an den Kopf gedrückte Ohr bei Wanderratten maximal den hinteren Augenrand. Die Ohren der Hausratten dagegen bedecken in dieser Weise ein Drittel bis zur Hälfte des Auges.
Sinnesorgane der Ratten
Die Augen der Ratten sitzen weit seitlich am Schädel, so dass Ratten ein großes Blickfeld haben. Ein räumliches Sehvermögen haben sie allerdings nicht. Gut ausgeprägt ist bei ihnen der Geruchssinn. Allerdings spielt er nicht nur bei der Suche nach Futter und bei der Unterscheidung von verschiedenen Nahrungsstoffen eine wichtige Rolle, sondern der Geruchssinn dient auch dazu, Mitglieder des eigenen Rudels zu erkennen. Durch den Geruch wird ebenfalls deutlich, ob eine weibliche Ratte brünstig ist. Auch können entspannte von gestressten Tieren unterschieden werden. Auch das Gehör von Ratten ist sehr gut, und sie hören wie andere Kleinnager bis in den Ultraschallbereich hinein. Das im Innenohr befindliche Gleichgewichtsorgan ist komplex gebaut und sehr leistungsfähig. Der Geschmackssinn der Ratte ist ebenfalls gut ausgeprägt und die Tasthaare am Kopf um die Schnauze und über den Augen ermöglichen einer Ratte eine gute Orientierung.
Verbreitung und Lebensraum
Über den großen Bekanntheitsgrad der Kulturfolger unter den Ratten kann man leicht übersehen, dass die Mehrzahl der Arten verborgen in tropischen Wäldern lebt. Vor allem in Südostasien sind außerordentlich viele Arten vertreten. Allein auf der Weihnachtsinsel gibt es zwei endemische Arten, und zwei weitere auf dem Eiland Enggano bei Sumatra. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Ratten dürfte von Indien über Südostasien und Neuguinea nach Australien gereicht haben. Im Gefolge des Menschen breiteten sich einige Arten von hier über die ganze Welt aus.
Lebensweise
Ratten leben in Gruppen zusammen. Männchen und Weibchen leben hierbei nicht getrennt. Sozialpartner markieren sich gegenseitig mit Urin, um den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken. Es handelt sich um extrem soziale Tiere, die innerhalb eines hierarchischen Systems kooperieren.
Ernährung
Ratten sind wahre Spezialisten auf dem Gebiet des Überlebens und der Anpassung. Die Reisratte und die Bambusratte haben ihre Namen erhalten, weil sie sich fast ausschließlich von Reis beziehungsweise von Bambus ernähren. Die Ratten zählen aber nicht zu den echten Allesfressern. In Notzeiten können sie sich zwar von den abenteuerlichsten Dingen wie beispielsweise Seife, Leder, Papier, Textilien und Holz ernähren und verschmähen dann natürlich auch tierische Kost wie z.B. Würmer, Insekten und kleine Vögel nicht. Wenn sie jedoch die Wahl haben, ziehen sie vegetarische Lebensmittel vor. Etwa 10 % ihrer tierischen Nahrung dienen ihnen als Zukost. In Städten finden sie vor allem in der Umgebung des Menschen (Vorratshaltung, Abfälle) geeignete Nahrung. Ihren Eiweißbedarf deckt die Ratte vorwiegend durch Körnernahrung und Nüsse.
Da Ratten keinen Würgereflex besitzen und ihre Schluckbewegung auch nicht umkehren können, sind sie auch nicht in der Lage, sich zu erbrechen, um Unverdauliches oder ihnen gar Gefährliches wieder rechtzeitig loszuwerden.
Fortpflanzung
Ratten sind sehr fruchtbare Tiere. Bereits im Alter von etwa sechs Wochen tritt bei ihnen die Geschlechtsreife ein. Domestizierte Rattenweibchen können allerdings schon mit 5 Wochen geschlechtsreif sein. Im Jahr hochgerechnet kommt ein freilebendes Rattenweibchen auf bis zu sechs oder acht Würfe, der Durchschnitt liegt bei vier. Die Jungen (pro Wurf etwa fünf bis achtzehn) kommen meist in den Monaten März und April, sowie im Spätsommer (September) zur Welt. Doch nur etwa 5 % überleben das erste Jahr. Bei Nahrungsknappheit oder Überpopulation kann das Weibchen den Samen speichern oder bei Schwangerschaft die Föten zurückbilden. Bei einem domestizierten Rattenweibchen können die Würfe bis zu zwanzig Jungen groß sein, da sie nicht durch Nahrungsmangel, Feinde oder eingeschleppte Krankheiten bedroht sind.
Begattung
Die Paarungsbereitschaft geht vom Weibchen aus. Sie produziert Sexualhormone, die das Männchen riecht. Die Brunst dauert bei dem Weibchen etwa sechs Stunden und es kann innerhalb eines Rattenrudels zwischen 200 und 500mal gedeckt werden. Eine Deckung dauert nur wenige Sekunden. Bei der Begattung legt das Weibchen den Schwanz zur Seite und erleichtert somit das Eindringen des Männchens. Die Rättin lässt sich von so vielen Böckchen wie möglich decken und speichert den Samen zwischen. Nach der Begattung hat nur der stärkste Samen die Chance durchzukommen und das Ei zu befruchten.
Tragzeit
Sie beträgt im Durchschnitt 22 (20–24) Tage. Während dieser Zeit hat das Weibchen einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf und benötigt besonders hochwertiges Futter, das einen leicht erhöhten Eiweißanteil enthalten sollte.
Geburt
Meist erfolgt die Geburt in den frühen Morgenstunden. Bei domestizierten Weibchen kann es aufgrund der Überzüchtung dazu kommen, dass sie es versäumen ein Nest zu bauen.
Ratten und Menschen
Ratten als Kulturfolger
Von den weltweit 56 Arten der Gattung Rattus haben sich folgende dem Menschen weitgehend angeschlossen und leben zeitweilig oder dauernd als Kommensalen (»Mitesser«) in seiner Nähe:
Die Wanderratte (R. norvegicus), Hausratte (R. rattus rattus), Alexandriner Hausratte (R. rattus alexandrinus), Fruchtratte (R. rattus frugivorus), Pazifische Ratte (R. exulans), Polynesische Ratte (Rattus concolor), die kletteruntaugliche Reisfeldratte (R. argentiventer), Himalajaratte (R. nitidus), Turkestanratte (R. rattoides), Malaiische Hausratte (R. rattus diardii) und die Sawahratte (R. rattus brevicaudatus).
Von all diesen sind in Deutschland nur die Wanderratte (R. norvegicus) und wesentlich seltener die Hausratte (R. rattus) anzutreffen.
Ähnlich wie Hausmäuse als Farbmäuse halten auch Wanderratten als Farbratten (R. norvegicus domesticus) als Heimtier Einzug. Es handelt sich hierbei im Allgemeinen um sehr freundliche und verspielte Tiere, die aufgrund ihrer ursprünglichen Sozialstruktur leicht zu zähmen sind. Von dieser Art stammen auch die sogenannten Laborratten (siehe Farbratte).
Die nachfolgenden Unterabschnitte beziehen sich auf die oben genannten Kulturfolger und nicht auf die zurückgezogen in Wäldern lebenden Arten.
Schadwirkung
Die wenig spezialisierten und somit sehr anpassungsfähigen freilebenden Tiere gelten gemeinhin als Nahrungsmittelschädlinge. Der in der Landwirtschaft durch sie verursachte Schaden ist enorm, so dass gegen sie Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt werden. Zudem treten sie in Gartenanlagen auf, wo besonders Wurzeln und Knollen angenagt werden.
Auch Gebäude werden in Mitleidenschaft gezogen, weil diese Nager Wasser- und Abwasserleitungen beschädigen können. Zudem ist die Verbreitung von Krankheitserregern durch die Ratten ein Problem, nach der Schädlingsbekämpfung müssen die Räume zusätzlich desinfiziert werden.
Ratten als Krankheitsüberträger
Freilebende Ratten können, ebenso wie nahezu alle anderen Tiere, als Vektoren direkt oder indirekt diverse Krankheitserreger mit den von ihnen ausgelösten Krankheiten übertragen.
Über den Rattenfloh (Xenopsylla cheopis), der durch seinen Biss auch Menschen mit dem Bakterium Yersinia pestis infizieren kann, können freilebende Ratten indirekt Überträger der Pest sein. Ob die Epidemien in der Antike und vor allem im Mittelalter in Europa (Schwarzer Tod) jedoch wirklich auf dieses Bakterium und den damit verbundenen Übertragungsweg zurückzuführen sind, wird heute angezweifelt. Möglicherweise handelte es sich um eine virale Infektion.
Ratten als Erregerwirte
Freilebende Ratten sind neben anderen kleinen Nagern Reservoirwirte für diverse Borrelienarten (Bakterien), die dann von Vektoren wie z.B. Zecken auf Tier und Mensch übertragen werden können.
Betreiber von abwassertechnischen Anlagen sind nach den deutschen Unfallverhütungsvorschriften zur Rattenbekämpfung verpflichtet. Dies betrifft vor allem die Kommunen und Abwasserzweckverbände. Grund dieser Vorschrift ist die Bekämpfung der Weil-Krankheit.
Freilebende Ratten werden mit Giftstoffen bekämpft (Rodentizide). Die für Ratten entwickelten Giftstoffe (insb. Cumarinderivate) behindern die Blutgerinnung. Fraßköder, die den sofortigen Tod der Tiere herbeiführen, werden in der Regel von weiteren Ratten gemieden.
Ratten in der Literatur
Weit verbreitet sind Ekel und Angst vor Ratten. In der Fabel gelten Ratten als hinterhältig, feige und verschlagen. An diese Eigenschaften knüpft auch die Verwendung als Schimpfwort für Menschen an. In der Literatur tauchen Ratten als Verursacher schlimmster seelischer und körperlicher Qualen auf (Edgar A. Poes Brunnen und Pendel; George Orwells 1984). Neuere Kinderbücher versuchen dagegen, der Ratte durch eine positivere "Charakterisierung" gerechter zu werden.
Systematik
Die Gattung Rattus ist eine der größten unter den Säugetieren, obwohl man zahlreiche Gattungen, die man früher hierher zählte, heute in andere Gattungen ausgegliedert hat. Diese neu aufgestellten Gattungen sind Lenothrix, Anonymomys, Sundamys, Kadarsanomys, Diplothrix, Margaretamys, Lenomys, Komodomys, Palawanomys, Bunomys, Nesoromys, Stenomys, Taeromys, Paruromys, Abditomys, Tryphomys, Limnomys, Tarsomys, Bullimus, Apomys, Millardia, Srilankamys, Niviventer, Maxomys, Leopoldamys, Berylmys, Mastomys, Myomys, Praomys, Hylomyscus, Heimyscus, Stochomys, Dephomys und Aethomys.
Auch nach der Ausgliederung verbleiben immer noch 56 Arten in Rattus. In Wilson & Reeder 1993 wurde der Versuch unternommen, diese auf fünf systematische Gruppen zu verteilen. Nachfolgend steht eine vollständige Artenliste nach diesem Vorbild.
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